Öffentlichkeit des Herrschertums

Personenkult und Propaganda der Habsburgermonarchie – Eine Darstellungsanalyse Kaiser Franz Josephs I.
 
Forschungsbereiche:

1. Medien im Kaiserreich
2. Pressepolitik 1848-1918
3. Haus Habsburg und Kaiser Franz Joseph I.
4. Schicksalsschläge und Echo in der Presse
5. Herrschertum und Öffentlichkeit


9. Das europäische Herrschertum in der Öffentlichkeit

Den Kern des monarchischen Selbstverständnisses im 19. Jahrhundert bildete die Herrscherikonografie. Repräsentation in der Öffentlichkeit wurde zum Werkzeug um die Souveränität und das politische System vor dem Volk zu rechtfertigen. Die symbolische Macht war vergänglich und musste dem Menschen ständig in Erinnerung gerufen werden. Sie musste reflektiert, aktualisiert und glaubwürdig dargestellt werden, um sich auch langfristig im kollektiven Gedächtnis der Bevölkerung zu halten.

Die Verherrlichung des Souveräns durch einen prägnanten und allgemein verständlichen Personenkult war das bevorzugte Mittel, dessen sich die herrschenden Geschlechter im 19. Jahrhundert bedienten.

Neben den Darstellungen des Regenten in verschiedensten Ornaten und mit Herrschaftssymbolen wurden die von der Presse publizierten Bilder zu einem im wichtigeren Faktor. Diese meist naiven und gefühlsbetonten Darstellungen erreichten eine hohe Anzahl an Adressaten.

9.1. Das Haus Habsburg und die Öffentlichkeit. Familien-Interna der Habsburger wurden im Kaiserreich als höchste Staatsgeheimnisse behandelt. Besonders im Revolutionsjahr 1848 war dies mehr als berechtigt, ging es doch um die Regierungsfähigkeit des Regenten und damit den Erhalt der Monarchie. Kaiser Franz Joseph verlangte über alle öffentlichen Aktivitäten der Erzherzöge und Erzherzoginnen informiert zu werden. Ein Mitglied des Erzhauses durfte sich erst nach seiner Einwilligung in der Öffentlichkeit präsentieren oder Einladungen zu Festlichkeiten außerhalb des Familienkreises annehmen. 

Eine einprägsame Wirkung auf die Bevölkerung während der offiziellen, öffentlichen Auftritte des Erzhauses war dagegen gewollt und erwünscht, vorausgesetzt sie spiegelte die Würde und Erhabenheit der kaiserlichen Familie wieder und unterstrich ihren Herrschaftsanspruch. Es galt die Mitglieder der kaiserlichen Familie bewusst zu isolieren um sie so von der „gewöhnlichen“ Masse abzuheben und ihre besondere Stellung heraus zu streichen. Besonders der Kaiser wurde in einen Nimbus der Unnahbarkeit gehüllt. Dies sollte seine Position, vielleicht nicht abseits, jedoch über seinen Völkern betonen.

Wesentlich für die Außendarstellung Franz Josephs, wie auch aller anderen, europäischen Monarchen, war eine Inszenierung durch Jubiläen aller Art. Rituale und Feiern hatten eine Systematisierung zur Folge, welche die Einheit der Gesellschaft symbolisieren sollte, dabei aber im krassen Widerspruch zur tatsächlichen Differenzierung innerhalb der Bevölkerung stand. Solche Ereignisse in der Donaumonarchie waren beispielsweise der Hofball oder die Fronleichnamszeremonie. Abgesehen von einigen, wenigen Manöverreisen und Repräsentationsauftritten, hielt sich Franz Joseph nach dem Mord an seiner Gattin Elisabeth beinahe ausschließlich in Schönbrunn oder Ischl auf. Der Beginn des Ersten Weltkrieges fiel in die Zeit des letzten Aufenthaltes des Monarchen in Bad Ischl. Am 30. Juli 1914, zwei Tage nach der Kriegserklärung gegen Serbien, zog der Kaiser aus seiner Sommerresidenz nach Schönbrunn. In Wien, auf der Strecke vom Bahnhof bis zum Schloss, feierte die Bevölkerung ihren heimkehrenden Kaiser enthusiastisch. Aufgrund seines hohen Alters und wohl auch gebeugt durch die Last der persönlichen Schicksalsschläge, lebte Franz Joseph in den letzten Jahren, mehr als früher zurückgezogen und ausschließlich für seine Arbeit.

9.2. Die Fronleichnamsprozession. Für das Haus Habsburg und Kaiser Franz Joseph war die traditionelle Fronleichnamsprozession – von den Wienern auch der „Hofball Gottes“ genannt – eine der wichtigsten Pflichtveranstaltungen des Jahres. Die Bindung des Kaiserhauses an die katholische Kirche wurde durch dieses Fest deutlich sichtbar demonstriert, dem Volk die Möglichkeit geboten an der Pracht des Kaiserreiches in Gestalt des Hofes teilzuhaben. Während der Prozession herrschte Anwesenheitspflicht für die Mitglieder der kaiserlichen Familie und die Hofgemeinschaft. Franz Joseph sah es als eine seiner wesentlichsten Repräsentationspflichten an, diesen Feiertag öffentlich zu zelebrieren. So erschienen auch jene, die nicht unmittelbar zum Festzug eingeteilt waren, um dem Kaiser zu gefallen. Da der Verlauf des Umzugs quer durch den ersten Wiener Bezirk ging, konnte die Bevölkerung die feierliche Fronleichnamsprozession verfolgen – im Unterschied zu den Hofbällen, die nur besuchen durfte, wer als hoffähig galt.

Die Route verlief stets von der Burgkapelle über den Burghof und durch Teile des ersten Wiener Bezirks. Um dem enormen Andrang Herr zu werden und die Sicherheitskräfte zu entlasten, wurden für die Burghöfe Besucherkarten vom Obersthofmeisteramt ausgegeben. Je nach Farbe der Billetts war den Besuchern ein bestimmtes Areal innerhalb des Burghofes zugeteilt, in dem sie sich aufstellen durften. Dabei war dem Kaiser eine vom sozialen Stand der Besucher unabhängige Behandlung bei der für ihn so geschätzten Hoffeierlichkeit wichtig. Den Obersthofmeister wies er wiederholt an, die Garden dahin gehend zu instruieren: „’Vielleicht könnten Sie die Güte haben, zu veranlassen, dass auch heuer beim Einlass des Publikums auf den Burgplatz vor der Auferstehungsprozession mit derselben Liberalität vorgegangen werde, wie im vorigen Jahr’“.

Der Eindruck, den diese prunkvolle Fronleichnamsprozession des Hofes auf die Zuseher machte, war beeindruckend. Eine Zeitzeugin beschreibt ihre Impressionen so: „‘Wer dieses imposante, farbenprächtige Bild einmal gesehen hat, kann es nicht leicht vergessen: die goldstrotzenden, mit funkelnden Ordenssternen geschmückten Uniformen der höchsten Würdenträger, die prächtigen Toiletten der Damen, deren goldgestickte Hofschleppen von Pagen oder Lakaien getragen wurden, die Pracht der geistlichen Gewänder, das stramme Auftreten der Garden, in ihren malerischen althergebrachten Uniformen, die große Anzahl der Hofbediensteten vom Stallpagen aufwärts, alle in goldverbrämten, mittelalterlich anmutenden Livreen und Kostümen. Und trotz dieser Vielfältigkeit der einzelnen Erscheinungen war der Gesamteindruck der Erscheinungen doch ein harmonischer‘“.

Als einzige höfische Veranstaltung sind es die Fronleichnamsprozessionen, von denen es zeitgenössische Fotoaufnahmen gibt. Im Burghof war es Fotografen gestattet Bilder zu machen und auch mache Hausbesitzer, deren Wohnungen am Weg der Prozession lagen, ließen Fotos anfertigen. Es sind die einzigen Dokumente, die einen bildlichen Eindruck von den prächtigen Zeremonien des Hofes geben, der nicht im Nachhinein entstand. Weder von den Hofbällen noch den Staatsbanketten oder den glanzvollen Auftrittsbesuchen der Diplomaten gibt es Bildquellen.

Die Fronleichnamsprozession hatte für das österreichische Kaisertum und das HausHabsburg in der Personalunion Kaiser Franz Josephs einen hohen Symbolgehalt.Anlass, Ablauf und Erscheinungsbild des Festzuges blieben über die Jahrzehnte hinwegnahezu unverändert. Von den engsten Familienmitgliedern des Erzhauses, beginnendmit der Kaisermutter, Erzherzogin Sophie, der Kaiserin Elisabeth selbst, den Kinderndes Herrscherpaares und dem jeweiligen Thronfolger, über den amtierendenObersthofmeister, die ranghöchsten Fürsten des Reiches und Mitglieder derherrschenden Klasse, bis zu den Militärs, Beamten und schließlich den niederenHofangestellten, war an der Prozession mitsamt alles vertreten und zu sehen, was sich am Hofe tummelte. Der Kaiser trug stets seine weiße Marschalls–Galauniform und schritt, als Zeichen der Demut barhäuptig, hinter dem Obersthofmeister und dem von Klerikern begleiteten, Allerheiligsten.

Dieser unveränderlich scheinende Ablauf kann als Abbild, dessen betrachtet werden, was der Hof als Selbstverständnis nach außen tragen wollte. Der Kaiser, der über die Jahre hinweg in immer gleicher Form die Prozession abnahm, stand für eine beständige Regierung. Der Umstand, dass er über seine fast siebzigjährige Regierungszeit die einzige Konstante verkörperte, trug zu diesem Eindruck bei. Umso mehr, da es die unnatürlichen Tode seiner engsten Verwandten waren, welche die Konstellation innerhalb des Umzuges am offensichtlichsten änderten.

Der Kaiser folgte dem Kreuz, das für die christlich-katholischen Werte und Weltanschauungen, als auch für Gott selbst stand. Somit bekannte er sich zur Kirche, ihren Idealen und Konvention und anerkannte sowohl deren Ansprüche als moralische Instanz Österreichs. Diese Sicht war für das Haus Habsburg im Allgemeinen, wie für den Kaiser im Speziellen, charakteristisch, begründete sich doch der Herrschaftsanspruch Kaiser Franz Josephs auf das sogenannte Gottesgnadentum – auf eine Berufung direkt durch Gott. Durch die gemeinsam von Kaiser und Kirche abgehaltene Fronleichnamsprozession wurde dieser Legitimation Ausdruck verliehen.

Die Beziehung, der in der Prozession nachfolgenden Personen zu Franz Joseph und ihre Stellung in der höfischen Hierarchie, ließ sich ebenso an der Position innerhalb des Festumzugs ablesen. Nach dem Kaiser gingen seine nächsten Anverwandten und engsten Vertrauten. Die Thronfolger als direkte Anwärter auf die Kaiserwürde und dem damit verbundenen Machtanspruch. Darauf folgte der Adel, der ebenso streng nach Rang und Würden aufgestellt war. Dann kamen die Offiziere als Stellvertreter für das Militär. Schließlich die Beamten des Hofes und das Gesinde. Sie stellten den Körper dar, ohne den das Reich nicht bestehen könnte, der aber ebenso ohne die Führung durch Kaiser und Adel nicht überlebensfähig wäre. Sie repräsentierten das Volk.

9.3. Der Kaiserliche Hof. Er war das Zentrum von dem aus der Kaiser sein Reich regierte und auf das dieÖffentlichkeit ihren Blick geworfen hatte. Die administrative Gliederung des Hofesteilte sich in vier unterschiedliche Stäbe. Den Obersthofmeisterstab, denOberstkämmererstab, den Obersthofmarschallstab und den Oberststallmeisterstab.Jedem dieser Stäbe stand einer von vier obersten Hofchargen vor. Es waren von Franz Joseph persönlich ausgesuchte Aristokraten. Sie bildeten die offizielle und einzige Verbindung zwischen Hofverwaltung und Regent. Weder Griff der Kaiser direkt in den Geschäftsablauf des Hofes ein, noch erhielten die Verwaltungseinrichtungen von ihm Anweisungen. Ausschließlich die vier obersten Hofbeamten erstatteten dem Monarchen Bericht und erhielten von ihm Instruktionen. Durch diese Isolation sollte dem Kaiser auch in seiner tagtäglichen Arbeit ein Nimbus von ehrwürdiger Unnahbarkeit gegeben werden.

9.4. Der Obersthofmeister. Das einflussreichste und größte der vier Departemente am kaiserlichen Hof war der Obersthofmeisterstab. An seiner Spitze stand der Obersthofmeister, die nach dem Kaiser, wirkungsreichste Position bei Hof. Dieser Stelle brachte ihrem Inhaber hohes, gesellschaftliches Ansehen und einige Vergünstigungen, aber auch die schwere Bürde der Verantwortung über einen Hunderte von Mitarbeiter umfassenden Betrieb, dessen Ruf in der Öffentlichkeit nicht weniger als untadelig zu sein hatte. Denn der Hof stand repräsentativ für den Hausbetrieb des Kaisers, funktionierte der Hof nicht, funktionierte der Kaiser nicht. Die Anstellung als Obersthofmeister galt auf Lebenszeit und durfte nur von einem Spross aus fürstlichem Hause besetzt werden. Unter der Regentschaft Kaiser Franz Josephs I. dienten fünf Obersthofmeister: von 1848 bis 1849 Karl Ludwig von Grünne, zwischen 1849 und 1865 Karl Fürst zu Lichtenstein, während der Jahre 1866 bis 1896 Konstantin zu Hohenlohe-Schillingsfürst, von 1896 bis 1908 Rudolf Fürst zu Lichtenstein und ab 1909 bis ein Jahr nach dem Tod des Kaisers 1916 Alfred Fürst von Montenuovo. Maßgeblich waren diese Männer für das Wirken des Kaisers in der Öffentlichkeit verantwortlich. Unterlag es doch ihrer Verantwortung, die Auftritte unter Menschen zu organisieren und ihren reibungslosen Ablauf zu gewährleisten.

9.5. Repräsentation der Hofgesellschaft. Während der Regentschaft Kaiser Franz Josephs erlebte die Gesellschaft der Donaumonarchie einen substanziellen Wandel. Das Bürgertum erstarkte als neue Macht im Staat und auch die Arbeiterklasse rang nach Selbstbestimmung. Seit der Grundablöse 1848 war die Vorherrschaft der Aristokratie gebrochen.

Bei Hofe jedoch wirkte im 19. Jahrhundert noch immer die althergebrachteStändeordnung. Franz Joseph, der sich mancher politischen Veränderung beugenmusste, hielt streng an den Konventionen der Hofgesellschaft fest. Im Bezug auf die gesellschaftliche Zusammensetzung bei Hofe und damit der Regulierung der Hoffähigkeit, die Voraussetzung für einen uneingeschränkten Zutritt der kaiserlichen Residenz war, blieb der Monarch unnachgiebig. Es blieben die adeligen Geblüte, die als einzige Hofchargen stellen durften. „Diese nicht mehr als 300 bis 400 Familien zählende Gruppe stellte den Olymp der Gesellschaft dar und blieb bis zum Ende der Monarchie so exklusiv und unter sich, als hätte sich die Gesellschaft rundherum kaum verändert“.

Trägern der Hofwürde war es gestattet, das Gefolge des Herrschers bei offiziellen Anlässen zu bilden. Bei Staatsbesuchen, Hoffestlichkeiten oder kirchlichen Jubilaren wie der Fronleichnamsfeier durften sie nach Franz Joseph, den Mitgliedern des Erzhauses und den höchsten Würdenträgern des Hofes einziehen. So hatten auch sie Anteil an der prunkvollen Inszenierung des Hofes in der Öffentlichkeit.

Doch auch als Mitglieder einer dieser Familien konnte man nicht willkürlich am Hofe erscheinen. Es galten die starren Hofregeln. Das Obersthofmeisteramt hielt ein Zeremoniell, das akribisch festlegte, wo der Platz jedes Einzelnen bei offiziellen Festlichkeiten zu sein hatte. Dieser Platz entsprach dem jeweiligen Rang im Bezug zum Kaiser. Je näher man dem Regenten gestellt oder gesetzt wurde, desto höher war das gesellschaftliche Ansehen. Zumindest nach der Interpretation des Hofes und seines Zeremonien-Regelwerkes.

All dem voran musste sich ein Anwärter auf die offizielle Hofwürde eigenständig um diese bemühen. Es reichte nicht aus, schlichtweg von hoher Geburt zu sein. Die Titulatur nannte sich bei den männlichen Bewerbern k. u. k. Kämmerer bei den weiblichen Bewerberinnen Sternkreuzordenswürde. Beide waren nicht als bloße Auszeichnungen und Bestätigungen eines „untadeligen“ Stammbaumes zu verstehen. Mit der Hofwürde ging man auch eine Verpflichtung gegenüber dem Kaiser ein. Als Kämmerer oder Sternkreuzordensdame hatte man bei allen Repräsentationsaufgaben des Hofes anwesend zu sein und das „Cortège“ des Kaisers zu bilden. Es galt als Ehre Teil der höfischen Inszenierung sein zu dürfen und so würden diese repräsentativen Aufgaben nicht mit einem Gehalt honoriert.

9.6. Der Hofball. Als offizieller Staatsball galt der sogenannte Hofball. Er war das größte Ereignis des Hofes und auch generell das prächtigste Repräsentationsfest im alten Kaiserreich. Wer in der Gesellschaft gelten wollte oder galt, wurde hier dem Kaiser und der Kaiserin vorgestellt. Jede Person, die bei Hof erscheinen durfte, hatte auch die Erlaubnis den Hofball zu besuchen. Dieses Privileg umfasste die Hofgesellschaft, das Diplomatische Korps, die Würden- und Ordensträger und die aktiven Offiziere der Wiener Garnison, welche als Einzige ohne die sogenannte Hofwürde als „hoffähig“ galten. 

Persönliche Einladungen bekamen ausschließlich die ranghöchsten Würdenträger, der überwiegende Teil der Gäste wurde über offizielle Verlautbarungen, sogenannte Hofansagen, informiert. Das Datum des Balls wurde über Aushänge bekannt gegeben. Auch gab es keine Regelung für Zu- oder Absagen, wer generell bei Hof erscheinen durfte, konnte den Ball besuchen.

Dem Kaiserpaar bedeutete diese jährliche Veranstaltung kein reines Vergnügen. Franz Joseph ertrug in seinem Bewusstsein, dass derlei Festivitäten zu seinen hoheitlichen Pflichten gehörten, den Ball und die damit verbundenen Aufgaben stoisch. Abgesehen davon gab es, während des sogenannten Diplomatencercle die Gelegenheit, Meinungen auszutauschen, für die eine dienstliche Umgebung oder gar schriftliche Form unpassend gewesen wäre. Für Franz Joseph eine nützliche Gelegenheit, sich auf „ungezwungene“ Weise über Politik auszutauschen. Der Hofball hatte, wie jede Veranstaltung am Hof, einen politischen Hintergrund.

Die Kaiserin indes machte aus ihrer Gleichgültigkeit weit weniger Hehl. Ihr oblag es etwa den genauen Termin für den Ball zu bestimmen, womit sie sich oft genug Zeit ließ und so die Planung und damit die Hofangestellten auf eine harte Probe stellte.

Während der Festlichkeit selbst bestimmte – wie so oft am Hofe – ein strenges und penibles Protokoll den Ablauf des Abends. Nach dem Einzug des Kaiserpaares mit den engsten Familienmitgliedern des Erzhauses in den Bankettsaal war es einzelnen Personen oder kleinen Gruppen gestattet, einige wenige Sätze mit Franz Joseph und Elisabeth138 zu wechseln. Jeweils die männlichen Privilegierten mit dem Kaiser, die weiblichen mit der Kaiserin. Auch gesetzte Bankette verliefen nach demselben Muster, an der Tafel des Herrschers und ihm am nächsten saßen diejenigen Personen, die nach dem Hofprotokoll die höchsten Ränge innehatten.

Auch während des Hofballes bewahrte Franz Joseph seine Haltung als Souverän undHerrscher. Er hatte stets und zu jeder Zeit die Würde des Erzhauses, die Würde des ganzen Reiches zu wahren. In der Person des Kaisers bündelte sich dieser Symbolgehalt. Diese Bürde hatten aber auch alle anderen Mitglieder der Habsburger zu tragen. Sie galten in erster Linie als Symbol, dann erst als Menschen. Und solch ein Symbol hatte unter jeder Widrigkeit und allen Umständen perfekt zu sein. Koste es, was es wolle. Menschliche Schwächen waren nicht hinnehmbar. Der untadelige Franz Joseph, der sich niemals gehen ließ oder die Kontrolle über sich verlor, war das Vorbild, mit dem sich alle anderen Erzherzöge und Erzherzoginnen verglichen sahen. Als Familienoberhaupt verlangte er von den Angehörigen seines Hauses nichts Geringeres, als den Maßstab den er auch an sich selber legte.139 Wie streng auch die Öffentlichkeit über ein Mitglied des Erzhauses richtete, zeigt, wie stark diese Weltanschauung im kollektiven Denken der Menschen verwurzelt war. Erwein Prinz Lobkowicz, der als galant und die Liebenswürdigkeit in Person galt, schreibt über seine Beobachtung eines Erzherzoglichen Fehltrittes: „Sehr bemerkt wurde der neue Rang der Herzogin von Hohenberg, die vor den unverheirateten Erzherzoginnen rangierte. (Anm.: Die geborene Gräfin Chotek war die Ehefrau von Thronfolger Franz Ferdinand, dem es nur unter großen Mühen gelungen war, diese morganatische Verbindung bei Kaiser Franz Joseph durchzusetzen. Mit der Aufwertung als „vor den unverheirateten Erzherzoginnen rangierend“ bekam sie letztendlich doch die Stellung, die ihrer zukünftigen Würde entsprechen sollte.) Sie hatte ein wunderschönes, dunkelrosa Kleid und sah viel dekorativer aus als die meisten Erzherzoginnen. Erzherzogin Bianca zum Beispiel hatte ein sogenanntes Spitzendevant; ihr Unterkleid war ganz heraufgerutscht. So saß sie nun auf der Estrade und man sah ihre schwarz bestrumpften Beine recht hoch hinauf, für damals etwas ganz Unmögliches! Nebstbei standen ihre Füße etwas eingedreht, einer auf dem anderen, kein schöner Anblick!“.

Der Hofball dauerte meist bis Mitternacht. Was nicht zuletzt darin eine Begründung findet, dass Franz Joseph gewöhnlich schon in der Dämmerung wieder aufstand. So zog sich das Kaiserpaar um Punkt zwölf Uhr zurück und auch die restliche Hofgesellschaft begann sich zu zerstreuen. 

Der letzte in Wien je abgehaltene Hofball fand am 16. Januar 1911 statt. Der Kaiser, der in den Wintern seiner letzten Lebensjahre an einer chronischen Verkühlung litt, sollte von da an nicht mehr den Strapazen einer solchen Festivität ausgesetzt werden.

9.7. Konstantin zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Er gilt als der Obersthofmeister, dem es ein besondere Anliegen war, die öffentliche Wirkung des Kaisers den Veränderungen des 19. Jahrhunderts anzupassen.

Nur drei Tage nach der verheerenden Niederlage bei Königgrätz (Anm: Deutscher Krieg 1866) wurde Konstantin Fürst Hohenlohe zum stellvertretenden Obersthofmeister ernannt. Zuvor war noch nie ein deutscher Fürst in diese Stellung berufen worden. Noch dazu einer, dessen allernächste Verwandtschaft offen gegen den Kaiser und seine Politik vorging. Konstantins Bruder Chlodwig, der zu dieser Zeit amtierender Ministerpräsident von Bayern war, forderte den Ausschluss Österreichs aus dem Deutschen Bund. Die Ernennung Hohenlohes in die höchste Stellung am Wiener Hof wurde als eine Demonstration in Richtung Preußens und der übrigen deutschen Staaten verstanden, denn Österreich wollte noch immer Anteil an den Belangen der deutschen Länder nehmen.

Hohenlohe wurde von Franz Joseph in den Jahren 1865 und 1866 mit der Aufgabe betraut, dem Hof einen Sparkurs zu verpassen, um das überhöhte Budget zu regulieren. Die Maßnahmen, die der Obersthofmeister anstrebte, waren radikal und ungewöhnlich genug, um sich auch in der Wiener Presse niederzuschlagen. So schrieb die „Wiener Zeitung“ in großen Lettern, dass der Hof eine Versteigerung angesetzt habe. Die Öffentlichkeit konnte es kaum fassen, Hohenlohe hatte verfügt, dass das kaiserliche Hofgestüt der Lipizzaner in einer offenen Auktion verkauft werden sollte. Zumindest ein Großteil der Pferde.

Auch bei den übrigen Posten des Hofbudgets war Fürst Hohenlohe nicht zimperlich. Nur eine einzige Stelle wurde nicht mit Sparmaßnahmen belegt – der Etat für den Tiergarten Schönbrunn. Hohenlohe begründete seine Entscheidung dem Kaiser gegenüber in einem Schreiben so: „’Diese Sammlung erfreut sich stets der größten Teilnahme des Publikums, zumal dieselbe an Sonn- und Feiertagen von vielen Tausenden Menschen besucht wird. ‚Panem et circense’ ist der Alte, aber ebenso politische als volkstümliche Spruch und diesem wird, neben Theaterspielen, auch durch das Spektakel einer Menagerie genügt. ... Solche Volksbelustigungen dürften nicht gänzlich aufzulassen sein. Die – nicht übertriebenen – Kosten hierfür haben ihren Grund’“.

Konstantin Hohenlohe wurde, nachdem er sich zwei Jahre lang als tüchtige und kompetente Stütze des kaiserlichen Hofs erwiesen hatte, im November 1867 definitiv „Erster Obersthofmeister“. Diese Stellung brachte ein obligatorisches Jahresgehalt von 13.000 Gulden, etwa das 43-fache Gehalt eines einfachen Hofbediensteten, der im Durchschnitt 300 Gulden jährlich verdiente. Dazu kam das Privileg, in das Augartenpalais im zweiten Wiener Gemeindebezirk ziehen zu dürfen. Der Kaiser verfügte zudem, dass sämtliches Personal aus dem Hofbudget bezahlt wurde, sowie der Erhalt von Kutschen und Pferden aus dem kaiserlichen Marstall. Diese Vergünstigungen wurden Hohenlohe und seiner Familie aufgrund seiner repräsentativen Rolle zugesprochen. Zudem kam die Dankbarkeit des Kaisers, dass es Konstantin Hohenlohe in nur zwei Jahren bewerkstelligt hatte, die Finanzierung des Hofes sicherzustellen.

Der Obersthofmeister war bestrebt, den Hof auch nach außen zu öffnen. Ihm war es wichtig, der Bevölkerung zu verstehen zu geben, dass der Hof nicht nur die Bastion und Residenz Kaiser Franz Josephs und Schauplatz exklusiver Feste war. Hohenlohe wollte den Bürgern begreiflich machen, wie das nach außen unverständliche, komplizierte und monströse wirkende Gebilde des habsburgischen Hofs funktionierte. Seiner Meinung nach hätte das Verständnis der Institution zu einer gegenseitigen Annäherung geführt und die Notwendigkeit eines Kaiserlichen Hofstaates aufgezeigt. Ob reich oder arm, jung oder alt, jedermann sollte die Hofburg besichtigen dürfen. Selbstverständlich nicht die Privatgemächer des Kaisers, wohl aber die Fest- und Speisesäle. Dabei sollte die Residenz des Kaisers aber zu jeder Zeit autonom bleiben. Nachdem Konstantin Hohenlohe diese Pläne mit Franz Joseph abgestimmt hatte, ging er daran, den Hof der Öffentlichkeit definitiv zugänglich zu machen. Das Obersthofmeisteramt vergab gegen ein, für jeden, leistbares Entgelt, Eintrittskarten für die repräsentativen Räume der Hofburg. Nach Voranmeldung durften geführte Gruppen an Interessierten auch die Prunkappartements besichtigen.

9.8. Engagement in Kultur und Kunst. Kaiser Franz Joseph, entgegen einiger Darstellungen, den Künsten gegenüber sehr wohl aufgeschlossen, war sich der Bedeutung von Kunst und Kunstschaffenden im Auftrag der Dynastie durchaus bewusst. Aus Zeitmangel überließ er es seinen Obersthofmeistern, sich der Dienste von Künstlern aller Gattungen zu versichern. Besonders das auf diesem Gebiet beträchtliche Engagement von Obersthofmeister Konstantin Hohenlohe und seiner Frau Marie unterstützte er bereitwillig. Das Ehepaar schaffte es, die wichtigsten Kunstströmungen, gleich ob bildnerischer, musikalischer oder belletristischer Art, in ihrem Heim, dem Wiener Augartenpalais, zu konzentrieren.

9.9. Das Engagement der Kaiserin. Kaiserin Elisabeth hätte durch persönliche Einladungen, Diners oder Veranstaltungen Kulturschaffende und Künstler an den Hof bringen können. Traditionellerweise wäre es ihre, auch in politischer und Hinsicht nicht unwichtige, Aufgabe als Gattin des Kaisers gewesen, die Kunst in den Dienst der Krone zu stellen. Solch ein Mäzenatentum hätte den Hof in die potenzielle Vorreiterrolle eines Identitätsstifters und kulturellen Mittelpunkt des Reiches gebracht. Was eingedenk der immer geringer werdenden Realmacht des Kaisers durch die Verfassung einen enormen Propagandawert gehabt hätte. Durch ihre Weigerung, sich an der aktiven Anteilnahme des Hofes am Weltgeschehen zu beteiligen, ließ sich Elisabeth diese Möglichkeit entgehen. Die Tatsache, dass die Kaiserin durch ihre ausgedehnten Reisen und Kuraufenthalte selten in der Hauptstadt weilte, stehen als Indiz dafür, dass es ihr in der kurzen Zeit, die sie faktisch in Wien war, ohnedies kaum möglich gewesen wäre, ein wirkungsvolles Engagement auf diesem Gebiet zu entwickeln. Auch der Umstand, dass Konstantin Fürst Hohenlohe während seiner Amtszeit als Obersthofmeister zusammen mit seiner Frau sehr intensiv die Kunst- und Kulturszene Wiens förderte, sprechen für die Zurückhaltung Kaiserin Elisabeths.

9.10. Die Oper. Unter dem Komponisten Gustav Mahler erlebte die Wiener Oper eine bedeutende Ära, nicht zuletzt dank des starken Zuspruchs von Obersthofmeister Konstantin Hohenlohe. Die ersten Jahre nach der Ernennung Mahlers als Direktor der Oper waren von einer Propagandaschlacht zwischen dem Künstler, den Hofbehörden und der Presse geprägt. Die Berichterstattung der Medien trug zudem stark antisemitische Züge. Das Verständnis für den kompromisslosen, jüdischen Mahler war weder bei den Beamten der Hofbehörden noch den Vertretern der Presse vorhanden.

Darüber hinaus war er an einen Vertrag gebunden, der nur sehr beschränkte,künstlerische Freiheit zuließ. Die Behörden, wie auch die Medien meinten in MahlersBeharren auf künstlerische Autonomie eine subversive Haltung gegen den Hof, somit den Kaiser, und den herrschenden Musikgeschmack zu erkennen. Für die Presse ein gefundenes Fressen, für die Zensurbehörden der Anlass Mahler mit strikten Vorgaben und Kontrollen an die Grenzen seiner künstlerischen Freiheit zu ermahnen.

9.11. Die Hofzensur. Die Zensur war ein Politikum, das über die Jahre mehr Reibereien verursachte als vermied. Insbesondere in der Endphase der Monarchie war es den Hofbeamten eine immer schwerere Aufgabe, dem steigenden Druck und Unwillen der Öffentlichkeit entgegen zu wirken. Ohne eine definitive Absicherung wollte niemand die Verantwortung für Entscheidungen alleine tragen, die staatlichen Behörden ebenso wenig wie die Hofbeamten. So arbeiteten beide Institutionen in einer Doppelgleisigkeit, die es der Öffentlichkeit erst recht suspekt erscheinen ließ, unter welchen Kriterien und Umständen die Zensur angewandt wurde. Das äußere Bild der Behörden war geprägt von Unstimmigkeiten – einem Ruf, den die Hofleitung um jeden Preis vermeiden wollte.

Noch brisanter als die Freigabe neuer Stücke durch die Hofzensur war die Situation, wenn einzelne Mitglieder der kaiserlichen Familie durch ihren Einfluss versuchten, die Aufführung bereits freigegebener Schauspiele zu unterbinden. Dieses Schicksal erfuhr das Stück „Der grüne Kakadu“ von Arthur Schnitzler. Es wurde wegen der „höheren Intervention“ der Kaisertocher Marie Valerie, aufgrund von moralischen Bedenken, abgesetzt. Obwohl es von den Hofbehörden nicht mit einer Zensur belegt worden war, sondern im Gegenteil eine offizielle Freigabe erhielt.

Doch funktionierte die Zensur praktisch in beide Richtungen. Denn auch der Kaiser bekam nur ausgesuchte Artikel zu lesen. Herrscher und Volk formten so ihre Meinungen nach dem, was der Hof genehmigte.

9.12. Personenkult im Kaiserreich. Die Darstellung Kaiser Franz Josephs variierte im Laufe seiner Regentschaft. Vor seiner Thronbesteigung war es vor allem seine Mutter, Erzherzogin Sophie, die ihn als potenziellen Kaiser in das Bewusstsein des Hofes und des Volkes bringen wollte. Sie propagierte ein Bild des jungen Franz Josephs als starken, gerechten und verheißungsvollen Thronprätendenten der sowohl alle Vorzüge des alten Kaisers, Franz II., als auch den Geist einer neuen Ära in sich vereinen würde. Auch sollte zum Ausdruck gebracht werden, wie nah der Kaiser dem Heer stand. Diese Charakterisierung entsprach der Wahrheit, Franz Joseph war von Kindheit an von allem Militärischen angetan. Er trug Zeit seines Lebens bevorzugt Uniformen. Diesen Umstand machte man sich bei seiner der Inszenierung zu Eigen um der Öffentlichkeit zu signalisieren, dass der Souverän als oberster Heerführer auf seine Soldaten zählen konnte und diese wiederum auf ihn.

In den letzten Dekaden seines Lebens wurde zunehmend die Erhabenheit seiner Person durch eine bewusste Isolation gefördert. Einsamkeit sollte als Zeichen von Würde und Souveränität gedeutet werden. Dennoch versuchte man dem Zeitgeist gerecht zu werden und den Kaiser, als gütigen Großvater aller seiner Völker zu zeigen.

Diese Inszenierungen wurden von Hof und Staat aus impliziert, hinzu kamen die Bilder, welche von den Journalisten aufgegriffen wurden. Besonders in seinen letzten Lebensjahren waren das meist sehr ehrfürchtige Darstellungen, denn den Menschen waren die vielen Schicksalsschläge, die den Kaiser im Laufe seines Lebens ereilt hatten im Gedächtnis geblieben.

Die Stimmung, wenn sich der Regent außerhalb seiner Residenzen blicken ließ, war daher meist sehr positiv und rührselig. Prinz Erwin Lobkowicz erinnert sich an die Wirkung, die ein Auftritt des Kaisers in der Öffentlichkeit hatte: „(...) der Anblick des Kaisers begeisterte uns sehr und wir fingen alle an, unbändig ‚Hoch!’ zu schreien. Die Leute um uns nahmen das Hochrufen auf und es entstand ein allgemeines Hut- und Tüchergewinke“.

10. Zusammenfassung
Kaiser Franz Joseph I. war seit seiner frühesten Jugend den Blicken der Öffentlichkeit ausgesetzt. Von ihm wurde erwartet, dass er allen Ansprüchen genügte, die an ihn gestellt wurden. Obwohl er zum Zeitpunkt seiner Geburt nur indirekt Anspruch auf den Thron Österreichs hatte, wurde seine spätere Laufbahn als Kaiser bereits früh von seiner ehrgeizigen Mutter, Erzherzogin Sophie, vorbereitet. Für Franz Joseph bedeutete dies den vollkommenen Verzicht auf einen selbstbestimmten Lebensweg und das Verkörpern all der Rollen, die ihm angetragen wurden. Man stilisierte seine Person im Laufe seines Lebens auf verschiedene Art und Weise. Je nachdem welches Bild man im kollektiven Denken der Bevölkerung projizieren und verankern wollte. Federführend waren dabei zunächst die Mutter, dann sein Hofstab.

Schon während seiner Jugend inszenierte man ihn als potenziellen und vor allem vielversprechenden Thronprätendenten. Der Kult um seine Person begann demnach schon in der Kindheit Franz Josephs. Auf Gemälden und Darstellungen in Druckschriften dieser Zeit wird der junge Erzherzog vielfach in Militäruniform gezeigt. Diese Anlehnungen sollten der engen Verbundenheit zwischen dem Erzhaus und der Armee entsprechen und das Heer dem jungen Franz Joseph wollgesonnen stimmen. Die Zuneigung zum Militär war eine echte, lebenslange Leidenschaft des Kaisers, so kleidete er sich beinahe ausschließlich in Uniform. Dadurch kamen seine persönlichen Vorlieben in dieser Hinsicht der Inszenierung seiner Person entgegen.

Schon seine Mutter hatte damit begonnen, ihn bewusst zu isolieren. Seiner besonderen Stellung bei Hofe sollte damit Ausdruck verliehen werden. Dieses Loslösen von seinen Mitmenschen war ein Umstand, der ihn sein Leben lang begleiten sollte. Franz Joseph hatte als Kaiser über den Dingen und den gewöhnlichen Menschen zu stehen. Dieses Bild des einsamen Mannes an der Spitze des Reiches wurde durch die Schicksalsschläge, die ihm im Laufe seiner Regentschaft erst den einzigen Sohn, dann die Gattin nahmen, noch verstärkt.

Die Presse des 19. Jahrhunderts rezipierte seine Person mehrheitlich in einer gefühlsbetonten und vergleichsweise unkritischen Weise. Für die Leserschaft stellte sich der Kaiser als ehrwürdiger Monarch da, der nicht nur die schwere Bürde der Krone und die Verantwortung über seine Völker zu tragen hatte, sondern dem auch persönlich kaum ein Schicksalsschlag erspart blieb. Besonders in den letzten Dekaden seines Lebens stilisierte man ihn als würdevollen, greisen Übervater, der als Instanz der Bewahrung über die Donaumonarchie wachte. Auch dieses Bild entsprach dem Selbstverständnis des Kaisers, der es als seine höchste Aufgabe ansah, die Herrschaft der Habsburgerdynastie zu bewahren und damit eihergehend den Vielvölkerstaat zu erhalten. Diese Darstellung einer beständigen Herrschaft wurde durch die immer wiederkehrenden Jubiläen und Festlichkeiten des Hofes zelebriert. Vor allem ist dabei die alljährliche Fronleichnamsprozession zu nennen, welche die Pracht des Hofes präsentierte und die Nähe des Erzhauses zur Kirche betonte. Auch die regelmäßig stattfindenden Hofbälle waren ein Anlass um den Menschen die Erhabenheit des Hofes und Kaisers ins Gedächtnis zu rufen.

Die Kritiklosigkeit, mit dem seine Handlungen von der Presse wiedergegeben wurden, war maßgeblich ein Produkt der strengen, teilweise rigiden Zensur, die während der Regentschaft Franz Josephs herrschte.

Wie und auf welche Weise sich Kaiser Franz Joseph bewusst inszenierte und ob er den Kult um sich und sein Amt mutwillig bestätigte oder abschwächte, ist ein Umstand, der sich nicht konkret beantworten lässt. Über die Öffentlichkeitsarbeit des Regenten sind kaum repräsentative Quellen überliefert. Nachzuvollziehen ist lediglich die Pressepolitik der Regierung unter Franz Jopseh im Allgemeinen und die Berichterstattungen über ihn in den zeitgenössischen Medien.

Letztendlich hatte sowohl sein eigenes Verhalten als auch die Arbeit der Regierungsministerien und des Hofes im Bezug auf die Pressepolitik sowie die verschiedenen Medien im Kaiserreich Einfluss auf die Darstellungen des Kaisers in der Öffentlichkeit. All diese Faktoren wirkten auch aufeinander ein und so blieb das Bild Kaiser Franz Josephs I. einem stetigen Wandel unterlegen. Einem Wandel bist in die heutig Zeit nachwirkt.


11. Quellen und Literaturverzeichnis



11.1. Ungedruckte Quellen.

Abraham, Hedwig: Dr. Josef Kerzl. Im Internet: http://www.viennatouristguide.at/Friedhoefe/Hietzing/Graeber/kerzl.htm
(eingesehen am 26.6.2012).


NN: Presse, Druckschriften. Im Internet: http://www.aeiou.at/aeiou.encyclop.p/p808282.htm (eingesehen am 21.6.2012).


NN: Wiener Zeitung. Im Internet: http://www.aeiou.at/aeiou.encyclop.w/w648255.htm (eingesehen am 21.6.2012).


NN: Die Presse.
Im Internet: http://austria-lexikon.at/af/AEIOU/Presse%2C_Die (eingesehen am 21.6.2012).


NN: 1904: Gründung der Kleinen Zeitung. Im Internet: http://www.kleinezeitung.at/allgemein/ueberuns/6241/index.do
(eingesehen am 22.6.2012).


NN: Kleine Zeitun
g. Im Internet: http://www.aeiou.at/aeiou.encyclop.k/k433815.htm (eingesehen am 21.7.2012).


Linzer Volksblatt. Im Internet: http://anno.onb.ac.at/cgi- content/anno?aid=lvb&datum=18700604&zoom=33
(eingesehen am 26.6.2012).


Amtlicher Theil.. In: Wiener Zeitung vom 22.11.1916. Im Internet: http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=wrz&datum=19161122&seite=1&zoom=33 (eingesehen am 22.6.2012).


NN: Im Internet: http://anno.onb.ac.at/cgi- content/anno?aid=tpt&datum=19161122&seite=1&zoom=33
(eingesehen am 20.6.2012).


NN: Kaiser Karl und Kaiserin Zita.. In: Tages-Post vom 22. November 1916. Im Internet: http://anno.onb.ac.at/cgi- content/anno?aid=tpt&datum=19161122&seite=8&zoom=24.

(eingesehen am 20.6.2012).

NN. Wien, 21. November.. In: Neue Freie Presse. Vom 22. November 1916. Im Internet: http://anno.onb.ac.at/cgi- content/anno?aid=nfp&datum=19161122&seite=1&zoom=33
(eingesehen am 26.6.2012). 







Slama, Walter: Filmvortrag: Die kaiserliche und königliche Monarchie 1848-1916:. Im Internet: http://www.maxmeisi.net/htl/files/WGPB/Die%20kaiserliche%20und%20k%F6nigliche %20Monarchie%20290905.pdf
(eingesehen am 19.06.2012).

Seethaler, Josef: Österreichische Tageszeitungen – über 100 Jahre alt. 2., überarbeitete Version. Im Internet: http://www.oeaw.ac.at/cmc/epubs/KMK_Arbeitsbericht_No_2.pdf (eingesehen am 25.6.2012).


NN: Österreich. – Die Dominanz des Staates: Text. Im Internet: http://docupedia.de/zg/%C3%96sterreich_- _Die_Dominanz_des_Staates/Text#cite_note-1
(eingesehen am 18.06.2012).


NN: Kaiser Franz Joseph I.. 18.8.1230- 22.11.1916.. Im Internet: http://www.kaisergruft.at/kaisergruft/franzjoseph.htm
(eingesehen am 25.6.2012). 





Höbelt, Lothar: Franz Joseph I.. Der Kaiser und sein Reich. Eine politische Geschichte. Wien [u.a.] 2009.

Lobkowicz, Erwein: Erinnerungen an die Monarchie. Wien [u.a.] 1989.


NN: Nicht amtlicher Theil. Österreich. Wien. Am 24. April 1854. In: Wiener Zeitung, 98/1854. 


NN: Nicht amtlicher Theil. Österreich. Wien. Am 25. April 1854. In: Wiener Zeitung, 99/1854.

NN: Kronprinz Rudolf †. In: Grazer Tagespost vom 30.1.1889.


NN: Der Tod des Kronprinzen In: Grazer Tagespost vom 31.1.1889. 


NN: Der Tod des Kronprinzen.. (Original-Telegramme der „Tagespost“). In: Grazer Tagespost vom 31.1.1889.

NN: Tod des Kronprinzen. In: Grazer Tagespost vom 1.1.1889.


NN: Kaiserin Elisabeth – ermordet.
. In: Tagespost vom 11.9.1898. 


NN: Unsere Kaiserin ermordet.. In: Linzer Volksblatt vom 11.9.1898.

NN: † Kaiserin Elisabeth.. In: Die Freie Presse vom 11.9.1898.


NN: Kaiser Franz Joseph Gedenknummer In: Illustrierter Zeitung vom 22. November 1916.


Rumpler, Helmut u.a.: Die Habsburgermonarchie. 1848-1918, Bd. IV/1. Wien 1989. Spann, Gustav: Das Zensursystem des Kriegsabsolutismus in Österreich während des Ersten Weltkrieges 1914-1918. In: Justiz und Zeitgeschichte. Symposionsbeiträge 1976- 1993, Bd. 2. Hg. v. Erika Weinzierl [u.a.]. Wien 1995.


Symposionsbeiträge 1976-1993, Bd. 2. Hg. v. Erika Weinzierl [u.a.]. Wien 1995 S. 525- 540.


Telekso, Werner: das 19. Jahrhundert. Eine Epoche und ihre Medien. Wien [u.a.] 2010. Obermaier, Walter: Zensur im Vormärz und im Jahr 1848. In: Justiz und Zeitgeschichte. Unterreiner, Katrin: Kaiser Franz Joseph. 1830-1916. Mythos und Wahrheit. Wien 2011 S. 541-558.


Winkelhofer, Martina: Der Alltag des Kaisers. Franz Joseph und sein Hof. Innsbruck und Wien 2010.