Medienecho im Kaiserreich

Personenkult und Propaganda der Habsburgermonarchie – Eine Darstellungsanalyse Kaiser Franz Josephs I.
 
Forschungsbereiche:

1. Medien im Kaiserreich
2. Pressepolitik 1848-1918
3. Haus Habsburg und Kaiser Franz Joseph I.
4. Schicksalsschläge und Echo in der Presse
5. Herrschertum und Öffentlichkeit


7. Schicksalsschläge und deren Echo in der Presse
Während der vergleichsweise langen Regentschaft Kaiser Franz Josephs wiederfuhren ihm wiederholt Schicksalsschläge. Wann immer über den Monarchen gesprochen wurde, vergaß man nicht zu erwähnen, welch schweres Schicksal er zu durchstehen hatte. Jedes dieser Unglücke rief ein Echo in der Presse Österreichs hervor. Nachfolgend werden drei der medial präsentesten Ereignisse aufgegriffen. Der Selbstmord des Kronprinzen Rudolf, der Mord an Kaiserin Elisabeth und der Tod Franz Josephs.

© wikicommons /  Kronprinz Rudolf in Uniform / BIV / 1979


7.1. Kronprinz Rudolf. Dem Kaiserpaar wurde 1858 ihr erster Sohn geboren – Kronprinz Rudolf. Für den Vaterstand es außer Frage, dass sein Sohn und Nachfolger die Tradition fortsetzten und einemilitärische Laufbahn einschlagen würde. So machte er den jungen Erzherzog am Tagnach seiner Geburt zum Inhaber des 19. Linieninfanterie Regiments. Diese Ernennungsymbolisiert, wie sehr das Leben des Kindes vorbestimmt war. Ebenso wie sein Vaterbekam Rudolf mit zwei Jahren seine erste Uniform. Zu Truppenparaden musste er denKaiser mit dreieinhalb Jahren begleiten. Auch erhielt er eine strenge Erziehung undAusbildung. Dem sensiblen und scheuen Rudolf war der militärische Drill ein Greul. Erwurde kränklich und nervös. Erst das Einwirken der Kaiserin bewirkte, dass mit GrafLatour ein verständnisvoller und einfühlsamer Erzieher die weitere Ausbildung desKindes überwachte. Der aufgeklärte Latour ließ dem Kronprinzen eine bürgerlich-liberale Weltsicht vermitteln. So umgab sich Rudolf im Erwachsenenalter hauptsächlichmit Intellektuellen und Wissenschaftlern. Er prangerte die selbst gewählte Isolation desKaisers an, der sich ausschließlich auf die Berichte seiner Berater verließ und nurausgewählte Zeitungsartikel zu lesen bekam. Rudolf schrieb 1881: „Unser Kaiser hatkeinen Freund, sein Charakter, sein Wesen lassen dies nicht zu. Er steht verlassen aufseiner Höhe, mit seinen Dienern spricht er über die Berufsgeschäfte jedes Einzelnen,doch ein Gespräch vermeidet er ängstlich, darum weiß er wenig über das Denken undFühlen der Leute, über Ansichten und Meinungen des Volkes ... Er glaubt, wir sind jetztin einer der glücklichsten Epochen Österreichs, offiziell sagt man es ihm, in denZeitungen liest er nur die rot bezeichneten Stellen, und so ist er getrennt von jedem reinmenschlichen Verkehr , von jedem unparteiischen, wirklich gesinnungstüchtigenRatschlag“. Die politischen Ansichten des Kronprinzen standen im krassen Gegensatzzur Linie des Hofes und Kaiser Franz Josephs. Dennoch hielt er an seinen Überzeugungen fest. Das zwang in zu einem Doppelleben. Er verschlüsselte seine Korrespondenzen und veröffentlichte nur anonym seine politischen Artikel. Die Differenzen zwischen den Ansichten von Vater und Sohn wurden im Verlauf des Erwachsenenlebens von Rudolf immer größer. Ab 1888 verschlechterte sich der Gemütszustand als auch seine physische Gesundheit rapide. Das Ringen um die Anerkennung seines Vaters, Alkoholismus und Drogen, eine unheilbare Geschlechtskrankheit aus einem seiner zahlreichen Liebesabenteuer und nicht zuletzt die gescheiterte Ehe mit Stephanie von Belgien zerrütteten den Kronprinzen. Er schrieb an seinen vertrauten und einfühlsamen Erzieher aus Kindertagen, Graf Latour: „’Ich sehe die schiefe Ebene, auf der wir abwärtsgleiten, stehe den Dingen sehr nahe, kann aber in keiner Weise etwas thun, darf nicht einmal laut reden, das sagen, was ich fühle und glaube’“.

Am 30. Januar 1889 erschoss Kronprinz Rudolf erst seine Geliebte, die siebzehnjährige Baronesse Mary Vetsera, dann sich selbst. Franz Joseph war von tiefer Trauer erfüllt. Bis zum Selbstmord seines Sohnes war er sich der Entfremdung zwischen ihm und seinem Kind nicht bewusst. Nach außen zeigte er allerdings kaum eine Reaktion. Nur mit großer Selbstbeherrschung ertrug das Kaiserpaar die folgenden Tage mit Kondolenzbesuchen. Erst Wochen danach gestand er seiner jüngsten Tochter: „’Ich werde alle Tage trauriger.’“Marie Valerie notierte in ihr Tagebuch: „ ... Unser Papa war ruhig, gottergeben, heldenhaft und heilig. Ich konnte ihn nicht ansehen, ohne zu weinen. ... Papas fast überirdisch fromme, klaglose Ergebung, Mamas starrer Schmerz mit ihrem Glauben an Prädestination ... dies alles ist so unsagbar bitter anzusehen“.

7.1.1. Presseecho zum Selbstmord des Kronprinzen. Noch am 30. Januar erschien in der Abendausgabe der „Grazer Tagespost“ der ersteBericht des Blattes über den Tod des Kronprinzen Rudolf. „Das Herrscherhaus und dieMonarchie sind von einem erschütternd harten Schlage getroffen worden. KronprinzErzherzog Rudolf ist nach einer soeben eingetroffenen Nachricht ganz unerwartet ausdem Leben geschieden.“ Und weiter heißt es: „Wieder einmal greift der Tod mit rauerHand in ein Leben ein, das alle Bedingungen des Glückes und der Dauer in sich zutragen schien; neuerdings zeigt uns ein tragisches Ereignis, dass die Mächtigsten derErde denselben Gesetzen unterworfen sind wie die Ärmsten unter den Armen.“ DerNachruf spricht in sehr positiven Worten vom enormen sozialen und kulturellen Engagement des Kronprinzen: „Selbst mit einer vortrefflichen Bildung ausgerüstet, trat er überall als Förderer der bildenden, aufklärenden Bestrebungen auf und sein Name glänzte an der Spitze vieler hervorragender Unternehmungen, mit denen Österreich seine Gleichwertigkeit auf dem Gebiete der europäischen Kultur darzuthun erfolgreich bemüht war.“ Über die Trauer und Anteilnahme an Kaiser Franz Joseph schreibt der Autor: „Sein Tod ist ein herber Verlust für die Monarchie, er ist ein schrecklicher Schicksalsschlag für das Kaiserhaus, für die trauernden Eltern, die hinterlassene Witwe, das verwaiste Kind. Möge die schwer geprüfte Herrscherfamilie in der Überzeugung, dass die Völker des Reiches in alterprobter Treue innigen Anteil an ihrem Unglück nehmen, wenigstens einen kleinen Trost im großen Leide finden.“ Diese Zeilen bilden das Ende der Trauerbekundungen. Darauf folgt ein über mehrere Seiten reichender Nachruf, der das Leben des Kronprinzen erzählt. Im weiteren ist von Franz Joseph als gütigem Vater die Rede: „Der dahingeschiedene Erzherzog genoss, dank der Fürsorge seines kaiserlichen Vaters, einen gründlichen und vielseitigen Unterricht“.

Der eigentliche, schwarz gerahmte Nachruf, an den Kronprinz Erzherzog Rudolf folgt in der Morgenausgabe am 31. Januar. Kaiser Franz Joseph wird namentlich nicht erwähnt, mit der Herrschaftsfamilie im ersten Absatz wird aber auch ihm Anteilnahme zugesprochen: „Innige, ehrfurchtsvolle Theilnahme beklagt das Los der Herrscherfamilie, welche, ohnehin reich an herben Prüfungen, neuerdings von einem so schweren Schicksalsschlage getroffen wurde. Mag die Tagespolitik die Gemüther entzweien, Österreichs Völker sind einig in ihrer Anhänglichkeit und Hingebung an die Dynastie und ein Leid, das diese trifft, wird von ihnen mitempfunden, als hätte es jeden Einzelnen von ihnen darnieder gebeugt. Niemals hat sich das Band, welches das Herrscherhaus ist den Völkern der Monarchie vereinigt, stärker erwiesen als in den Tagen des Unglücks. Diese Heimsuchung, welche über die kaiserliche Familie gekommen, sie wird in der entlegensten Hütte wie in dem vornehmsten Palaste tiefen Schmerz hervorrufen“.

In der Abendausgabe des 31. Januars wird das Geschehen nach dem Tod Rudolfs beleuchtet. „Sämtliche Mitglieder des Kaiserhauses erschienen im Laufe des gestrigen Tage in der Hofburg, um dem Kaiserpaare und der Kronprinzessin-Witwe zu condolieren“. 

Weiter berichtet die Tagespost, dass sämtliche Morgenblätter Wiens in Trauerausgaben erscheinen und den verschiedenen Kronprinzen als Stolz der kaiserlichen Eltern betrauern. Die „Wiener Zeitung“ präsentiert auf ihrer Titelseite nichts als die schwarz geränderte amtliche Anzeige: „Seine k. Und k. Hoheit der durchlauchtigste Kronprinz Erzherzog Rudolf ist gestern, 30.d., zwischen 7 und 8 Uhr früh in seinem Jagdschlosse in Meyerling bei Baden am Herzschlag plötzlich verschieden“.

Ein Berichterstatter des „Fremdenblatt“ meldete aus Meyerling, dass der von einer Jagd heimkehrende Kronprinz über Kopfschmerzen klagte und sich darauf in seine Gemächer zurückzog. Am darauffolgenden Tage befahl Rudolf dem Kammerdiener das Frühstück zu bringen, dabei schien es dem Erzherzog noch gut zu gehen. Als dann um halb 8 Uhr der Diener mit dem Essen zurückkehrte, fand der den Kronprinzen tot vor. Die „Presse“ berichtet am 31. Januar die Überbringung der Trauerbotschaft an das Kaiserpaar in der Hofburg: „’Graf Hoyos langte in Jägertracht um halb 12 Uhr in der Hofburg an und begab sich sofort in das Kabinett des Kaisers, welches er nach einer Viertelstunde wieder verließ. Unmittelbar darauf eilte der Kaiser zur Kaiserin, welche nach den ersten Augenblicken tiefsten Herzleides die übermenschliche Kraft fand, sich an der Seite des Kaisers zur Kronprinzessin zu verfügen. Nur mit Mühe gelange es dem Kaiserpaar, die Kronprinzessin von dem Entschlusse, sofort nach Meyerling zu fahren, abzubringen. Der Kaiser zog sich dann in seine Gemächer zurück und blieb bis 3 Uhr nachmittags mit seinem Schmerz allein. Dann erteilte der Kaiser die Anordnung zur Überführung der Leiche, worauf er den Bericht des Hofrathes Dr. Wiederhofer empfing.’“ Das „Wiener Tagblatt“ berichtet: „’Kaiser Franz Josef zeigte sich, nachdem er mehrere Stunden allein in seinem Arbeitszimmer verweilt hatte, beim Empfange der nachmittags zur Kondolenz erschienenen Mitglieder des Kaiserhauses sehr gefasst und gab seiner Gottergebenheit in rührenden Worten Ausdruck.’“.

Am 1. Februar erscheint der Tod des Kronprinzen nicht mehr an erster Stelle der Ausgabe. Der Berichterstattung über Rudolfs Ableben in Meyerling geht ein Artikel über die Wahl in Brachatis voraus. Erst darauf gibt die Tagespost eine Ansprache Bürgermeister Uhls über Kronprinz Rudolf wieder: „’Sein Bild wird nie aus unserer Seele schwinden, denn wir wissen, wie er sein Wien geliebt hat, was wir an ihm verloren haben. Gott schütze unseren Kaiser, Gott schütze Österreich!’“.

© wikicommons - Vasárnapi Ujság 1889/8. szám


7.2. Ermordung der Kaiserin. Im Jahre 1898 reiste Kaiserin Elisabeth für einige Wochen in die Schweiz. In Genf wurde sie am 10. September vom italienischen Anarchisten Luigi Lucheni mit einer zugespitzten Feile erstochen. Zuerst bemerkten weder Elisabeth noch ihre Begleitung die tödliche Stichverletzung ins Herz. Sie starb an inneren Blutungen. Um 14.40 Uhr konnte von den Ärzten nur noch ihr Tod festgestellt werden.

Als Reaktion auf die Nachricht vom Tod seiner Frau sagte Kaiser Franz Joseph zu seinem Generaladjutanten Graf Paar: „’Sie wissen nicht, wie ich diese Frau geliebt habe’“. Gräfin Irma Sztáray, die in den Momenten an der Seite der Kaiserin geweilt hatte, wurde nach ihrer Rückkehr von Franz Joseph gebeten, ihm von den letzten Stunden im Leben seiner Gattin zu berichten. Sie schrieb über ihre Audienz: „’Herzergreifend war diese meine traurige Audienz. Als ich ihm die silberne Uhr samt den kleinen Berloques der Kaiserin übergab und die Medaille der Heiligen Jungfrau, die sie in ihrer Todesstunde am Herzen getragen, durchwogte ein großer Sturm die Seele des Kaisers. Schwere Tränen rollten über sein Wangen herab, während ich alle Einzelheiten der furchtbaren Katastrophe erzählte...’“.

7.2.1. Presseecho zum Mord der Kaiserin. Die „Linzer Tagespost“ gab am 11. September 1898 zu ihrer 207. Ausgabe eine Extrabeilage über den Tod der Kaiserin heraus. Die in schwarzem Trauerrahmen gehaltene Mitteilung über den Mord an Kaiserin Elisabeth füllt das gesamte Blatt aus: “’Die Kaiserin wollte sich heute mittags 12 Uhr von Genf aus nach Territet einschiffen. In der Nähe des Landungsplatzes drängte sich ein junger Mann an sie heran und versetzte ihr einen Dolchstich in die Herzgegend. Der Kaiserin gelang es dennoch, noch auf das Schiff zu kommen, das dann abstieß. Auf dem Schiffe jedoch viel die Kaiserin in Ohnmacht. Das Schiff kehrte infolge dessen wieder um und landete neuerdings in Genf, wo die Kaiserin in das Hotel “Beau Rivage“ gebracht wurde. Auf dem Wege merkte man erst, dass die Kaiserin blutete. Die Kaiserin gelangte nicht mehr zum Bewusstsein und verschied. Der Mörder ist ein in Paris geborener Anarchist Namens Lucheni. Er wurde verhaftet. Auf das Tiefste erschüttert wird heute ganz Österreich diese Nachricht vernehmen.’“.

Ebenso erschien im „Linzer Volksblatt“eine Separat-Ausgabe.„’ Eine Schreckensnachricht, die in der ganzen Welt mit Entsetzen vernommen werden wird, ist nach Ausgabe des ‚Linzer Volksblattes’ uns zugekommen. Ihre Majestät Kaiserin Elisabeth ist von einem Anarchisten überfallen worden, der die Kaiserin durch einen Dolchstich tödlich verletzte. Die Kaiserin ist im Hotel der Verwundung erlegen.

Ein Jubeljahr sollte 1898 für Kaiser und Reich werden. Zu den vielen Schicksalsschlägen, die unseren innigst geliebten Kaiser trafen, ist nun ein neuer unsäglich herber Schlag gekommen. Alle fühlen dessen Schwere, aussprechen können wir es nicht. Gott schütze Österreich!’“.

© ÖNB / Austrian Newspaper Online / Österreichische Illustrirte Zeitung / 1898

Die „Freie Presse“ berichtet in ihrer Sonntagsausgabe vergleichsweise sehr detailliert über den Mord an der Kaiserin. Der Kommentar beginnt mit den Worten: „’Von allen scheußlichen Verbrechen, welche die unter dem Namen des Anarchismus wissenschaftlich drapierte Bestialität schon erzeugt hat, ist das grässlichste und empörendste heute in Genf verübt worden.’“ In vergleichsweise harschen Worten ist über den Täter die Rede: „’Caserio, der den Präsidenten Carnot in Lyon in seinem Wagen erdolchte, der Bombenwerfer Russatow und seine Mitverschworenen, die den Zar Alexander II durch Dynamit in Fetzen rissen, dass sein Körper als unkenntliche Fleischmasse auf dem Pflaster bleib, (...) sie alle sind von Luccheni, dem Schlächter der Kaiserin Elisabeth, an Niedertracht übertroffen.’“ Das erste Mal findet Franz Joseph etwa in der Mitte des Textes Erwähnung: „’So zart und keusch war diese vornehme Zurückhaltung der Kaiserin, dass sie von gröber organisierten Menschen oft missverstanden wurde, dass ihre Abneigung gegen Äußerlichkeiten gegen inhaltslosen Glanz und Prunk, und insbesondere dagegen, müßigen Gaffern als Schau-Objekt zu dienen, sie manchen Herzen entfremdet hätten, wenn nicht schicksalsschwere Augenblicke, wie jener nach dem Tode des Kronprinzen, in welchem der Kaiser bekannte, dass nur die Seelenstärke der Kaiserin ihn aufrecht hielt, einen Blick in diese herrliche Frau gestattet und die Völker belehrt hätten, welchen Schatz von Klugheit, Seelengröße und weiblichen Vorzügen sie in ihrer Kaiserin besaßen.’“.

Auch erwähnt der Autor, dass Elisabeth dem Kaiser trotz ihrer politischen Abstinenz immer eine große und nicht genug gewürdigte Stütze gewesen sei: „’Sie herrschte nicht und hatte nicht den Ehrgeiz zu herrschen, aber sie war eine geistige und moralische Stütze des Herrschers, ihres Gemahls, und deswegen ein niemals genug begriffener und nicht dankbar genug gewürdigter Segen für die Länder und Reiche, die unter dem Habsburg’schen Zepter vereinigt sind.’“ Und weiter: „’Nicht härter hätte das Schicksal !den Kaiser und das Reich treffen, nicht grausamer die Jubiläumsfeste dieses Jahres zerstören können, als indem es diese segensreich wirkende Frau von der Seite des Monarchen riss. Durch vierundvierzig von den fünfzig Jahren seiner Regierung hat sie, dem Glanz und den Ehren des Herrscherberufes sich zumeist entziehend, alle Sorgen und Kümmernisse desselben redlich mit dem hohen Gemahl getheilt, und von allen Huldigungen, welche die Dankbarkeit der Völker dem Kaiser Franz Joseph zum fünfzigsten Gedenktage seiner Thronbesteigung darbringt und noch darzubringen sich anschickt, hätte der Kaiserin Elisabeth ein reichlich bemessener Antheil gebührt.’“ Und wie schon beim Tode des Kronprinzen Rudolfs ist auch nun wieder die Rede vom viel geprüften Monarchen, dem kaum ein Leid erspart bleibt: „’Unser guter, vielgeprüfter Kaiser! – der begreift, dass es auch eine Huldigung des Schmerzes gibt, die eindringlicher spricht, als geräuschvolle Feste, Reden und Adressen. (...) solche Augenblicke gemeinsamer Trauer knüpfen Volk und Monarchen fester zueinander, als Feste und Festfreude.’“ Der Nachruf endet mit einem Mut Zuspruch an Franz Joseph: „’so möge der Viel- und Schwer geprüfte Trost und Kraft und Stütze in der kindlichen Hingebung und Treu seiner Völker finden. Sie blicken in stummer Ehrfurcht, aber voll Vertrauen zu ihm auf, dass auch dieser Schicksalsschlag ihn nicht beugen werde. Er der fünfzig Jahre die Last der Krone getragen und durch die schlimmsten Stürme das Reich weise gesteuert hat, wird auch diesem Schlage widerstehen’“ .

7.3. Der Tod des Kaisers. Im November 1913 erkältete sich der Kaiser nach einer Kutschfahrt bei kaltem und regnerischem Wetter. Sein Körper verschleppte diese Erkrankung bis zum Jahr 1916. Im November dieses Jahres erlitt Franz Joseph eine Lungenentzündung. Trotz hohen Fiebers hielt der greise Regent an seinem gewohnten Tagesablauf und Arbeitspensum fest. Am Morgen des 21. November fühlte er sich sogar besser als an den Vortagen. Gegen Mittag verschlechterte sich sein Zustand jedoch rapide. Um sechs Uhr ließ er sich zu seinem Betstuhl führen und ging schließlich zu Bett. In der Nacht erwachte er noch einmal, und verlangte zu trinken. Um halb neun Uhr erhielt der Kaiser im Beisein seiner Familie die Letzte Ölung. Fünf Minuten nach neun Uhr wurde sein Tod festgestellt. Kaiser Franz Joseph I. starb nach achtundsechzigjähriger Regentschaft im Alter von sechsundachtzig Jahren.

7.3.1. Presseecho zum Tod des Kaisers. Die „Wiener Zeitung“ widmet dem Tod des Kaisers die ersten zwei Seiten ihrer Mittwochsausgabe am 22. November 1816. Im schwarzen Trauerrahmen einer Todesanzeige steht auf der ersten Seite – dem Titelblatt – im amtlichen Teil die Mitteilung: „Seine k. u. k. Apostolische Majestät Franz Joseph I. sind gestern den 21. d. M. um neun Uhr abends im Schlosse zu Schönbrunn sanft in dem Herrn entschlafen“104. Auf der zweiten, ebenso schwarz gerahmten Seite bringt der Autor seine und die Trauer der Nation zum Ausdruck. „Der Genius des Vaterlandes neigt in Trauer sein Haupt, das Erzhaus Habsburg-Lothringen hat sein über alles verehrtes Oberhaupt verloren.“ Der Nachruf zeigt den Tod es Kaisers als Ereignis, dass jeden betrifft und gleichsam bekümmert: „Jedem Einzelnen ist, als wäre ihm das beste Stück seiner selbst genommen, denn als persönliches Glück und als persönlichen Besitz empfand jeder den Segen, der von diesem Herrscher Dasein ausging; allein war der höchst selbige Kaiser die lebendigste und wirksamste Kraft im Staate, der Quell alles Guten, dessen das lebendige Geschlecht sich erfreuen durfte, der große Wohltäter und Vater des V aterlandes.“

Es ist ein durchweg trauriger, der Person und dem Wirken des Kaisers jedoch positiv gegenüberstehender Text, der keinen Zweifel daran lässt, dass das Volk uneingeschränkt hinter dem Herrschaftshaus steht. Er endet mit den Worten: „Die getreuen Völker aber, denen er alle seine Liebe und sein heißen Mühen geweiht, scharen sich in dieser Schicksalsstunde fester denn je um den Thron und erneuern tief bewegten Herzens, doch starken Sinnes und in angestammter Treue den alten Schwur für das erlauchte Erzhaus. Unlösbar geeint werden sie heut’ und allezeit einstehen für den Glanz der Krone, für den Beistand und die Sicherheit der Monarchie, für den Ruhm und die Größe des Vaterlandes.“

In der „Wiener Abendpost“ einer Beilage der Wiener Zeitung wird der Tod Franz Josephs erneut aufgegriffen. In Form eines auf das Titelblatt gedruckten, ausführlicheren Nachrufs, der ihm selben Duktus von der Trauer des Vaterlandes über den Tod des Souveräns spricht und die tiefe Verbundenheit der Bevölkerung ausdrückt. Die „Linzer Tagespost“ beruft sich am 22. November auf diese Extraausgabe der „Wiener Zeitung“107. Der gesamte Textabschnitt der Titelseite ist in einen schwarzen Trauerrahmen gehalten und gibt die Umstände des Todes wieder. Das Leben des Kaisers wird auf den nächsten sechs Seiten seinen erzählt. Die Darstellung des Franz Josephs ist auch hier durchweg positiv. So wird etwa sein Versagen als Feldherr in Italien folgender Maßen umschrieben: „Dagegen war Österreich gezwungen, im April des Jahres 1859 in Italien den Kampf mit dem König Viktor Emanuel und den mit ihm verbündeten Kaiser Napoleon III. aufzunehmen. In den Schlachten von Magenta und Solverino entschied das Kriegsglück gegen Österreich und im Züricher Frieden (10. November 1859) trat Österreich die Lombardei an Frankreich ab“.

Diesem Abriss folgt ein kurzer Ausblick auf die Thronfolger unter dem Titel „Kaiser Karl und Kaiserin Zita“109. Der Umstand, dass nun zum dritten Male seit Kaiserin Maria Theresia, die Thronfolge nicht in direkter Linie fortgesetzt wird, ist der Einstieg in eine kurze Erläuterung der Thronfolge und einem knappen Einblick in das Leben des Erzherzog Karls.

Die „Neue Freie Presse“ schreibt, in einem vergleichsweise nüchternen Stil über das Ableben des Kaisers: „Kaiser Franz Josef ist hochbetagt gestorben. Das Alter von sechsundachtzig Jahren sollte Milde über diesen Tod breiten und versöhnlich müßten wir uns zum Ablauf eines Lebens stellen, das sich der äußersten, den Menschen erreichbaren Grenze so stark genähert hat“.


8. Presseecho in der Illustrirten Zeitung
Die illustrierte Zeitung aus dem Verlag von J.J. Weber Leipzig brachte mit ihrer 3833. Nummer, der 124. Kriegsnummer, auch eine „Kaiser Franz Joseph Gedächtnisnummer“ heraus.Das nur in dunklen Farbabstufungen gehaltene Titelbild zeigt eine Collage aus Symbolen und Szenen. Die Motive werden von einem Geflecht aus Eichenblättern umrahmt. In der linken oberen Bildecke sind Dokumente, Federkiele und ein Stempel zu sehen. Das Pendant in der rechten oberen Bildecke zeigt zwei brennende, über Kreuz liegende Fackeln. Den Hintergrund der Seite füllt eine rauchverhangene Landschaft aus, in der Explosionen, brennende Gebäuderuinen und Fahnen schwingende Soldaten zu erkennen sind. Das Zentrum des Titelbildes zeigt einen rot erscheinenden Berg auf dem Gipfel, eine Krone und ein Schwert liegen. Ein Lüster verbreitet matten Kerzenschein und in der unteren Hälfte des Bildovals ist der doppelköpfige Reichsadler zu sehen. Das untere Drittel des Titelbildes wird durch übereinander liegende Kriegsstandarten ausgefüllt. Darüber liegt, zentriert das Kreuz der deutschen Armee und darin steht das Datum 1914.




Die Sonderausgabe zum Anlass des Todes von Kaiser Franz Joseph I. Beginnt mit einer, die Seite ausfüllenden Darstellung des verstorbenen Monarchen. Der Künstler Ernst Fröhlich hat in diesem Gemälde den Kaiser in seinen letzten Lebensjahren festgehalten. Gewohnt in Leutnantsuniform präsentiert sich der Souverän als militärischer Herrscher. Unter dem Bild steht geschrieben: „Franz Joseph I., Kaiser von Österreich, apostolischer König von Ungarn, † am 21. November, 9 Uhr abends, im Schloss Schönbrunn“. 

Das Leben des Kaisers wird anhand einer vornehmlich politischen Sichtweise beschrieben und interpretiert. Ein Exkurs verfasst von Wiens Bürgermeister Dr. Weißkirchner befasst sich mit der Entwicklung der Stadt unter Kaiser Franz Joseph I. Auch hier wird das Lebenswerk des Monarchen als positiv gewürdigt: „Ein ganzes Zeitalter ist mit Franz Joseph gesunken, ein Zeitalter gärender Entwicklung und grundlegender Veränderung, die ganz neue Lebensformen geschaffen haben. Es ist das bleibende Verdienst dieses Herrschers, den Sturm und Drang der sich überstürzenden Ereignisse zum Segen des Ganzen überwunden und den gerechten Forderungen dieser Zeit sich niemals verschlossen zu haben“.

Auch ein eigenständiger Artikel über das Privatleben des Kaisers findet sich im Verlauf der Sonderausgabe. Er ist mit elf Abbildungen des Zeichners W. Gause illustriert und gibt das Privatleben des Kaisers in seine letzten Lebensjahren wieder. Dabei liegt der erzählerische Fokus auf ein der Leidenschaften Franz Josephs – der Jagd. „Während des Krieges hat der Kaiser Schönbrunn nicht verlassen, und an die Stelle seiner Besuche in Wallsee traten die besuche der Erzherzogin Marie Valerie und ihrer Kinder im kaiserlichen Schloß in Schönbrunn, wo auch Erzherzogin Zita ständigen Aufenthalt genommen hatte. Früher war Ischl wohl der Lieblingsaufenthalt des Kaisers. Insbesondere dort nahm er das Recht des bürgerlichen Hausvaters auch auf sich in Anspruch. Das Salzkammergut war außerdem sein liebstes Jagdgebiet.“


Auch Kaiser Karl, dem Nachfolger Franz Josephs ist ein reich bebilderter Artikel in der illustrierten Zeitung gewidmet. Er behandelt die bisherige Laufbahn und das familiäre Umfeld des jungen Kaisers und seiner Frau Zita. Unter dem großen Porträt, das seine Vorstellung einleitet, steht Kaiser Karls Manifest zum Herrschaftsantritt abgedruckt:

„Aus der Kundgebung des Kaisers Karl I. An die Völker beider Staaten der Monarchie: ‚Meinen Völkern will Ich ein gerechter und liebevoller Fürst sein. Ich will ihre verfassungsmäßigen Freiheiten und sonstigen Gerechtsame hochhalten und die Rechtsgleichheit für alle sorgsam hüten. Mein unablässiges Bemühen wird es sein, das sittliche und geistige Wohl Meiner Völker zu fördern, Freiheit und Ordnung in Meinen Staaten zu beschirmen, allen erwerbstätigen Gliedern der Gesellschaft die Früchte redlicher Arbeit zu sichern. Als kostbares Erbe Meines Vorfahren übernehme Ich die Anhänglichkeit und das innige Vertrauen, das Volk und Krone umschließt. Dieses Vermächtnis soll Mir die Kraft verleihen, den Pflichten Meines hohen und schweren Herrscheramtes gerecht zu werden. Durchdrungen von dem Glauben an die unvernichtbare Lebenskraft Österreich-Ungarns, beseelt von inniger Liebe zu Meinen Völkern will Ich Mein leben und Meine ganze Kraft in den Dienst dieser hohen Aufgabe stellen’“.

Der Tod und Begräbniszeremonien des Kaisers finden sich im letzte Drittel der Sonderausgabe beschrieben. Auch dieser Abschnitt ist durch große Illustrationen anschaulich aufbereitet und gibt ein genaues Bild der Trauerfeierlichkeiten und Todesumstände.





Das Bild Franz Josephs ist auch in den Darstellungen der illustrirten Zeitung geprägt von den vielen Schicksalsschlägen die der Kaiser erleiden musste. „Franz Joseph ist an sich selbst emporgewachsen. Viele herbe Erwahrungen und Enttäuschungen waren seine Lehrer, und mit mannigfachen Verzichten erzog er sich zu jener erhabenen Ausgeglichenheit des Wesens, die seinem Alter so viel Liebe und Verehrung, Ruhm und Ehre brachte“121. Dennoch bleibt das Bild nicht völlig frei von Kritik, auch wenn diese nur sehr indirekt zum Ausdruck gebracht wird: „Die Geschichte wird an Einzelheiten dieses Herrscherlebens nicht ohne kritishcen Blick vorübergehen. Im ganzen aber wird sie einräumen, daß hier ein das Durchschnittsmaß der Regierenden weit überragender Fürst eine vielfältig verwickelte und schwierige Aufgabe, wie kaum eine zweite mit Eifer und Hingebung übernommen und mit so reichem Erfolg gelöst hat, daß ihm dafür in der Welt der Erinnerung ein hoher Rang gebührt“.