Life Art Festival auf kampnagel

Ein Abriss der kulturpolitischen Strukturen des Life Art Festivals anhand der Kriterien des internationalen Kulturmanagements.

1. Einleitung
Das Life Art Festival ist ein Leuchtfeuer der internationalen Performance Art Szene in Deutschland und Europa – diesen Anspruch stellen die Organisatoren des Veranstaltungszentrums Kampnagel an ihr Event. In dieser Ausarbeitung soll das Festival betrachtet und abrisshaft anhand der wichtigsten Kriterien des internationalen Kulturmanagements untersucht werden.

2. Das Life Art Festival 
Das Life Art Festival auf Kampnagel ist eines der größten Veranstaltungen für Performance Art in Europa. Das alljährlich im Juni stattfindende Event setzt sich in jeder Neuauflage einen anderen thematischen Schwerpunkt. Unterschiedliche Künstler aus der ganzen Welt, vornehmlich jedoch aus den Vereinigten Staaten und dem europäischen Raum, interpretieren die vorgegebene Thematik in eigenen Showeinlagen, Konzepten und Installationen. Die Coverbegriffe sind dabei bewusst provokativ gewählt und behandeln zumeist gesellschaftlich kontrovers diskutierte Themen.So waren die Schlagwörter 2013 und 2014 „Exzess Yourself“ und „Menschenzoo“. Damit wurde die Diskussion über Drogenlegalität und die Ausgrenzung sozialer Randgruppen aufgenommen.

Für das Festival werden die Räumlichkeiten des Kampnagel Kulturzentrums genutzt, deren Organisatoren auch für das Festival und die gezeigten Inhalte verantwortlich sind. 2014 fand das Life Art Festival zum sechsten Mal statt.

2.1. Der Veranstaltungsort Kampnagel. Das Zentrum für darstellende Kunst auf Kampnagel ist auf dem Grundstück und in den Hallen einer ehemaligen Montagefabrik für Baukräne ansässig. Sechs Bühnen und zusätzliche Veranstaltungsräume bieten Kapazitäten von 150 bis 2.500 Plätzen. Der Veranstaltungsort gründete sich 1990 als Trägerverein und wurde 1993 in die internationale Kulturfabrik GmbH Kampnagel umgewandelt. Seit 2013 hat András Siebold die künstlerische Leitung. Kampnagel wird dabei von der Kulturbehörde der Stadt Hamburg mitfinanziert.

Das Unternehmen positioniert sich als Darstellungsort für zeitgenössische und oftmals unkonventionelle Kunst. Dadurch bietet es besonders den Randgruppen der Szene eine Plattform. Haupteinnahmequelle des kommerziell ausgerichteten Zentrums sind vor allem die vielen Festivals und Themenwochen, unter anderem das Life Art Festival und das Kampnagel Sommer-Festival.

2.2. Sinn und Anspruch des Festivals. Der zentrale Anspruch den die Organisatoren des Life Art Festivals an sich stellen, ist die Förderung von Performance Art. Kampnagel hat es sich auf die Agenda geschrieben, künstlerischen Randgruppen Raum zur Entfaltung zu bieten.

Ein besonderes Augenmerk wird hierbei auf die Internationalität der Akteure gelegt. Es geht dezidiert nicht um eine Eingrenzung zur Förderung speziell deutscher Performance Künstler, sondern vielmehr um eine schrankenlose, insofern Nationen übergreifende Zusammenarbeit unter variierenden Leitthemen.

Dieses sich von Jahr zu Jahr ändernde Motiv bildet den zweiten Anforderungsbereich, dem sich das Life Art Festival mit seinen Künstlern unterordnet. Gesellschaftliche Entwicklungen, vor allem aber Missstände wollen die Menschen des Festivals durch ihre Interpretation aufzeigen und den Besuchern dadurch einen Blickwechsel ermöglichen.

2.3. Ablauf und Programm. Das Programm des Life Art Festivals teilt sich durchschnittlich auf fünf Tage, beginnend mit dem zweiten Dienstag im Juni. Pro Tag treten drei bis vier Künstler mit ihren Performances in den verschiedenen Spielhallen auf dem Gelände des Kulturzentrums auf. Dabei hat jede Gruppe, jeder Solist, zwei Auftritte – ein Debüt und am darauf folgenden Tag eine Wiederholung seines Stückes an einem weniger präsenten Zeitpunkt. Der Höhepunkt des Festivals findet am vierten Festivaltag, dem Freitag statt.

Organigramm der Einflussindikatoren



2.4. Vertretene Künstler. Als wiederkehrende Künstlergruppen sind vor allem das Kollektiv HGich.T aus dem Hamburger Raum und God’s Entertainment aus Österreich zu nennen. Daneben traten auf den diesjährigen Festivalbühnen Performance Künstler aus Nord- und Osteuropa auf, beispielsweise das Tanzduo Halla Ólafsdóttir & John Moström oder die Gruppe REFUGIUM die mit Ilhana Verem, Jewgeni Roppel, Biljana Milkov schamanische Riten neu interpretierten. Aus Amerika startete der Performance- Solist Neal Medlyn seine Europatournee auf dem Life Art Festival. Deutsche Künstler waren neben dem Kollektiv HGich.T die Truppe Geheimagentur und der aus Israel stammende Ariel Efraim Ashbel.


3. Meilensteine des Kulturmanagements 
Die konsequente Umsetzung des Kulturmanagements des Life Art Festivals lässt sich sinnvoll an den folgenden Meilensteinen aufarbeiten. Ein Erfolg nach den Maßstäben der Kulturpolitik und den Richtlinien des Kulturmanagements liegt vor, wenn die Umsetzung alle Punkte positiv zu bewerten sind.

3.1 Leitmotiv - Kunst möglich machen. Ein Leitmotiv des Kulturzentrums Kampnagel, somit auch der Organisatoren des Life Art Festivals ist es, Kunst und Kultur möglich zu machen. Dies gelingt den Verantwortlichen nicht nur im mittlerweile sechsten Jahr in Folge, sie schaffen darüber hinaus auch Raum für die generell wenig frequentierten Aspekte der zeitgenössischen Kunst.

3.2. Marketing und Kundennutzen. Die Marketinginstrumente funktionieren im Kulturbetrieb Kampnagel vergleichbar mit anderen Veranstaltungszentren. Die Marketingabteilung bespielt auf konventionelle Weise Medien und Werbeträger mit den Programmhinweisen ihrer Festivals und anderen Events. Dabei hat sich die Marke Kampnagel gemeinsam mit Life Art, insbesondere als alternatives Kulturzentrum mittlerweile auch im europäischen Raum etabliert.

Der Nutzen für das Branchenpublikum besteht somit im professionellen Vertrieb einer ansonsten selten selbstständig in der Öffentlichkeit wahrzunehmenden Kunstgruppe – der Performance Art.

3.3. Einflussnahme auf den Kunstbetrieb. Ein der allgemeinen Definition des Kulturmanagements widersprechender Faktor ist die Einflussnahme der Organisationen auf den Kunstbetrieb. Die verantwortlichen Dramaturginnen aus dem Kulturmanagement von Kampnagel, Nadine Jessen, Melanie Zimmermann, sichern zwar durch ihre Tätigkeit die Rahmenbedingungen, um das Life Art Festival stattfinden zu lassen, dabei arbeiten und engagieren sie sich jedoch besonders mit den Künstlern von HGich.T und God’s Entertainment, weshalb eine klare Trennung zwischen künstlerischer Arbeit und Kulturmanagement nicht immer möglich ist.

3.4. Rechtliche Rahmenbedingungen. Eingebettet in die kulturpolitische Landschaft der Stadt Hamburg entspricht das Kulturzentrum trotz seiner tendenziellen Nähe zu alternativen Randgruppen den rechtlichen und administrativen Vorgaben. Ohne diese einzuhaltenden Rahmenbedingungen könnte ein Festival in dieser Form nicht stattfinden.

3.5. Quellen der Kulturfinanzierung. Die Finanzierung des Festivals wird zu etwa 35% durch eigene Einnahmen wie die Umsatzerlöse aus dem Kartenverkauf erwirtschaftet. Daneben kommen etwa 15% der benötigten Gelder durch private Spenden in den Etat. Die restlichen 50% werden durch öffentliche Drittmittelgeber, aus den Fördermitteln der Kulturbehörde Hamburgs, erbracht.

3.6. Faktor international. Die Ausrichtung des Festivals ist bewusst nicht auf deutsche Künstler beschränkt. Dieser Umstand die internationale Performance Art Szene in Hamburg zusammenzubringen nimmt eine tragende Rolle bei der Gestaltung des Programmes ein. Der daraus entstehende, künstlerische Dialog von parallel und gemeinsam arbeitenden Kunstschaffenden aus aller Welt trägt maßgeblich zum innovativen Charakter des Festivals bei.

Strukturlevel der kulturmanagement Kriterien



4. Fazit und Interpretation
Die Organisatoren des Kampnagel Festivals Life Art streben nach der Erfüllung eines hohen Anspruches an ihr Kulturmanagement, indem Sie eine künstlerische Randgruppe für ein breites Publikum zugänglich machen, dabei einen internationalen Dialog fördern und gleichzeitig gesellschaftlich relevante Themen verhandeln. Diesem Anspruch kann das Festival nicht vollkommen, jedoch in großen Stücken genügen.

Nach der Betrachtung durch die genannten Kriterien des Kulturmanagements lässt sich feststellen, dass die Organisatoren und Künstler des Festivals vor allem durch die enge Zusammenarbeit keine eindeutige Abgrenzung zwischen Kulturmanagement und Kunstbetrieb aufrecht halten können. Dagegen greifen Marketingmaßnahmen, die Finanzierung und die Erfüllung der inhaltlichen Leitmotive nach den Vorgaben.

Zurückzuführen ist dies vor allem auf die engagierte Arbeit der beiden verantwortlichen Dramaturginnen und Organisatorinnen Nadine Jessen, Melanie Zimmermann. Ihre internationale Vernetzung in der Performance Art Szene und die konsequente Verfolgung der inhaltlichen Ansprüche machen das Life Art Festival zu dem, was es seit nunmehr der sechsten Auflage ist – dem größten Performance Art Festival Europas.



5. Quellen und  Literaturverzeichnis

Nadine Jessen (2014). LIVE art festival #6: excess yourself. Festivalgudie Kampnagel. In
http://www.kampnagel.de/2-live-art-festival/, eingesehen am 14.01.2015. 

Nadine Jessen (2013). LIVE art festival #5: Menschenzoo. Festivalgudie Kampnagel. In
http://www.kampnagel.de/de/programm/archiv/, eingesehen am 10.01.2015.   

Hanna Klimpe (2014). Acid statt Abseits. Rubrik Nord/Kultur TAZ. In
http://www.taz.de/!139922/, eingesehen am 10.012015. 

Kristina Appel (2014). Stilbildend, nicht abbildend. Life Art Festival Blog. In
https://liveartfestival.wordpress.com/2014/06/09/stilbildend-nicht-abbildend/, eingesehen am 14.01.2015. 

Yvonne Bianca Blechert (2014). Kulturpolitik in Hamburg. Eine Umfrage in den kulturellen Institutionen. In
 www.systmuwi.de/Pdf/.../Kulturpolitik%20in%20Hamburg- Backhaus, eingesehen am 14.01.2015.  

Joanna Klyz-Hackbarth (2013). V1-2 Vorausetzungen und Ziele des Internationalen Kulturmanagements. In
V1-2 Vorausetzungen und Ziele des Internationalen Kulturmanagements.pdf, eingesehen am 10.01.2015.  

Hamburger Stadtportal (2014). Hamburger Bühne. Geförderte Kultureinrichtungen. In
http://www.hamburg.de/kulturfoerderung/theater/3434970/institutionelle- theaterfoerderung/, eingesehen am 10.01.2015.